Essays und Texte von Sabine Birmann

Es gibt seit einigen Jahren mehrere Facebook-Gruppen (englisch/deutsch) und auch Seiten, wo ich vor einiger Zeit immer mal wieder Texte veröffentliche, die unsere “Mit Pferden sein” Arbeit betreffen. Die Texte sind einfach kopiert und waren für eine der Gruppen geschrieben. Sie sind teilweise heftiger als es offizielle Quellen sonst sind, aber sie erklären einige Aspekte und Herangehensweisen von Mit Pferden sein… recht deutlich.

Text 2022

Der Hund – oder  das  „ Loslassen“

vor einem Jahr kauften wir  nach reiflicher Überlegung  eine kleine Hündin. Seit wir unsere  erste Windhündin Yasa, ein Sloughi, vor fast 20 Jahren durch Zufall  bekamen, verliebten wir uns in diese ganz besonderen Wesen und im Laufe der Jahre folgten ihr mehrere dieser intelligenten und feinen Hunde nach. Auch Iyasmin ist eine Windhündin, allerdings ein Azawakh. Azawakhs  sind als sehr spezielle, eher schwierige  Rasse bekannt, sehr ursprünglich, fremdelnd, wachsam und vom Wesen sehr eigen.

Trotz Skepsis vor dieser Herausforderung  fiel die Wahl auf sie, ich lasse mich immer vom Blick und der Ausstrahlung leiten und sie sprach mich einfach unglaublich an.

Nun aber zum Thema, Iyasmin, nun eineinhalb Jahre alt, ist tatsächlich zu einer wunderbaren Gefährtin herangewachsen. Sie spielt gern, geht  frei spazieren, ist verschmust,  clever und sozial zu anderen Hunden, dabei wunderschön und voller Hingabe und Stolz. Doch sie hat eine Eigenschaft, die Azawakhs wohl auch ausmacht, sie verbellt Fremde ohne Unterlass, die ins Haus oder  auf unser Grundstück kommen, vor allem solche, die etwas von ihr wollen. Das geht soweit, dass sie knurrt, wenn sie jemand als zu nah empfindet.

Man muss sie komplett ignorieren, dann kommt sie von selbst und nimmt vorsichtig Kontakt auf. Nach ein bis zwei Tagen ist alles ok, es sei denn, man ist ihr als Person suspekt. Sie sucht recht bald die Nähe, besonders zu Menschen, die ihr sympathisch sind und  lässt sich  kraulen und schmiegt sich an diese. Doch zunächst  erfüllt sie ihren Job als Wachhund und warnt uns vor den „ Eindringlingen“.  Man sollte  akzeptieren, dass sie weder schnuppern, noch angefasst werden will, auch Blickkontakt und Ansprache sind unerwünscht. Doch genau damit tun sich die Menschen schwer, etwas nicht zu tun, bei sich zu bleiben und etwas völlig loszulassen.

Sie möchten ihr zeigen, dass sie doch „ gute“ Menschen sind, bieten ihr die Hand zum beriechen dar, sprechen sie an, und manche drängen sich ihr  förmlich  auf. Sie nähern sich ihr und können nicht neutral sein. Sie möchten beachtet und akzeptiert werden,  gerade von einem Hund, der so offensichtlich ablehnend  reagiert und sogar knurrt, wenn man seinem Individualraum zu dicht kommt.

Das „Loslassen“ hat viele Facetten, aber eine davon ist, Erwartungen zu reduzieren und einmal etwas geschehen zu lassen, nicht immer nach einem fest umrissenen  Muster vorzugehen, sondern mehr zu „sein“. So  fordert auch diese junge Hündin eine Form des Loslassens, bei der man  einfach  „ ist“,  nichts fordert, erwartet, interpretiert  oder plant.

Diese Art des Loslassens macht häufiger Sinn,  als wir uns das vorstellen können, z.B. bei Pferden, Menschen und auch in bestimmten Situationen.

Wenn Menschen einem Pferd nahe kommen, passiert oft als Erstes, dass sie es auf der Nase anfassen und streicheln. Es wird nicht gefragt noch registriert, ob  ein Pferd das überhaupt  will. Was würdest Du tun, wenn man Dir  immer gleich den Nasenrücken streicheln würde? Ich jedenfalls würde das als sehr übergriffig empfinden, genauso wie fremde Menschen,  die mich gleich in den Arm nehmen wollen, mir  Kosenamen geben oder meinen Individualraum unerwünscht verletzen. Ich brauche erst einmal Distanz, um daraus Nähe entstehen zu lassen, genauso wie unsere Hündin. Egal ob Pferd, Hund, Mensch  wir  haben meistens immer Erwartungen,  eine Vorstellung  davon, wie etwas zu sein hat, dabei wäre es besser, offen an eine Situation zu gehen, unsere Wahrnehmung und eine echte gegenseitige Kommunikation zuzulassen.

Gerade ein Pferd soll Erwartungen erfüllen und  es wird wenig hingeschaut, ob es diese überhaupt erfüllen will oder kann. Genauso wie wir empfinden unsere tierischen  Gefährten seelischen Druck, wenn sie  in einem Rahmen gepresst werden. Zum Sport, Kinder, Schul oder- oder Therapiepferd  gemacht werden, denn geboren ist es dafür nicht, geboren wurde es als „ Pferd“.

Lässt man Erwartungen los, dann entwickelt sich  etwas anderes, dann nimmt man das andere Lebewesen  viel besser wahr, nämlich als das, was es ist. Dann erkennt, man, dass das eigene Kind  ein Tänzer und Schauspieler ist und nicht geeignet, einen Handwerksbetrieb zu führen, dann  merkt man, dass das kleine Minishetty oder der Schosshund eine große Persönlichkeit ist und sich keinesfalls als Kindersatz sieht , dann   fühlt man  das Leid, dass ein  Pferd hat, wenn es Runde um Runde fremde Personen als “Reitgerät”  (er)tragen muss, anstatt als gewürdigte Persönlichkeit seinem Menschen oder Familie seine Zuneigung  schenken zu können.

Ersetzt man vorgefertigte Pläne, feste Vorstellungen  und eingefahrene Muster durch vage Ideen, die man jederzeit loslassen kann, dann wird man innerlich freier. Dann passieren auf einmal Dinge, mit denen man längst nicht mehr gerechnet hat, dass sich ein anderes Wesen öffnet , eben weil es das Gefühl hat, selbst entscheiden zu dürfen und nicht nur ein Teil oder ungesehene Projektion unserer Pläne, Wünsche und Vorstellungen zu sein.

Das Loslassen von lebenslangen Verhaltensmustern und  Verhaltensweisen  fällt uns im allgemeinen schwer,  denn vermeintlich  geben sie uns ja auch Sicherheit. Doch lehren uns gerade Tiere wie Iyasmin ,  dass wenn wir  loslassen und einfach nur „sind“ – dann vieles wie von selbst geht.

In diesen Sinne Sabine

Mit Pferden sein…-eine Erinnerung
 
Letzte Woche besuchte mich eine ehemalige Einstellerin mit ihrem Pferd, da wir immer noch ein freundschaftliches Verhältnis pflegen, ließ ich mich darauf ein , zumal der Kurs in Appel ja zu einen Tagesseminar umgewandelt worden war.
Die Sequenzen mit ihrem Pferd gestalteten sich sehr intensiv, und wir fanden uns auf einer anderen Ebene wieder, und auf der zeigte sich, was Mit Pferden sein, wirklich bedeutet. Es fand ein Zueinander, ein gegenseitiges Öffnen statt , zeitlos, im Loslassen und gleichzeitig „da“ sein, im aufeinander zugehen und gleichzeitig bei sich bleiben, im nahe sein und respektieren von gegenseitigen Grenzen, was mit einer Methode niemals geschehen kann. Doch immer wieder reduzieren selbst einige der langjährigen Mps – ler „Mit Pferden sein“ auf etwas anderes, auf etwas, was sie gern möchten, dass es das ist und es wird vergessen, dass in allererster Linie die Möglichkeit zur eigenen Weiterentwicklung besteht, zum weise „sein“.
Es fängt im Prinzip beim Namen schon an. Es heißt nicht: „Mit Pferden arbeiten“ ,es heisst nicht: „Mit Pferden tanzen“, es heißt nicht „Mit Pferden lieb sein“ es heißt nicht „Pferde gymnastizieren“ „Pferde retten“ oder „Pferden etwas beibringen“ es heisst nicht „ Pferde natürlich halten“ oder „ Pferden und Menschen helfen“ – sondern schlicht und ergreifend: Mit Pferden „sein“.
Warum aber nur „sein“? Man „ist“ doch immer, allein weil man existiert, wird ein mancher hier zu Recht einwenden. Doch spüren wir diesen Zustand im Alltag? Wohl eher nicht, es wird uns nicht bewusst- das Leben plätschert für die meisten von uns Tag für Tag so vor sich hin.
Doch eine „Seinserfahrung“ kann man nicht wollen oder gar nach einem Rezept irgendwann erleben, sondern sie passiert- unmittelbar, ohne Vorankündigung. Diejenigen, die sie erleben, können es kaum beschreiben- es gleicht eher einem sich „richtig fühlen“ , verbunden sein, mit dem Universum, den Geräuschen, der Umgebung ringsherum, mit allem, was dazu gehört, und in unserem Falle auch mit dem Pferd. Es ist kein Glückgefühl. Viele denken, es wäre die Harmonie mit dem gemeint, und verwechseln die „Seinserfahrung“ damit. Harmonie mit dem Pferd wird zudem missverstanden, und daher einseitig empfunden, wenn damit gemeint wird, dass das Pferd auf feinste Signale das, was man will, ohne zu diskutieren ausführt- Oder, auf den Menschen übertragen, mein Partner das macht, was ich mir wünsche, aber nein, genau das ist es nicht. „Gleichklang“ wird erst durch eine gegenseitige Hingabe möglich.
Das „Sein“ wird durch die größte Form des Loslassens, der Hingabe, des sich Anvertrauens an den Moment, an das Schicksal, erfahren. Es findet jenseits vom Wollen, Planen oder gar Trainieren statt. Im Gegenteil, es geschieht, wenn wir nicht damit rechnen. Eben, wenn wir „sind“…
 
In diesem Sinne Sabine

 

Text 2020/21

Um Tiere weint man nicht….

neulich  besuchte ich die älteste Seniorin bei uns im Dorf, um ihr mit einem Blumenstrauss zum 94 ten Geburtstag zu gratulieren. Diese beeindruckende, von allen hochgeschätzte  Frau ist hellwach, schreibt noch Gedichte und  man kann sich über alle möglichen Themen mit ihr unterhalten.

So  kamen wir auch auf unsere „Arbeit“ mit den Pferden und sie fragte mich einiges dazu. Ich erklärte ihr, dass wir versuchen, Menschen einen ganz anderen Blick auf ihre Pferde zu ermöglichen, dass es nicht um Leistung geht, sondern darum, eine Beziehung zum Pferd aufzubauen und durch es zu wachsen. Dann sprachen wir auch über meine Chemotherapien und das vergangene Jahr. Ich erzählte ihr,  dass mich die Pferde diesbezüglich noch einmal viel gelehrt hätten, vor allem in den Augenblicken, wo ich mich schwach und krank fühlte-  die Begebenheiten, wo ich ihre Empathie  und Rücksichtnahme spürte und das mich das so berührte. „Ja“, antwortete  die Seniorin:  „Wir hatten  früher in der Landwirtschaft auch ein Pferd, Fanny. Als Fanny gestorben ist, habe ich so geweint. Meine Mutter sagte mir darauf „Für Tiere weint man nicht.“ Dann schwieg sie und ich merkte, dass sie an Fanny dachte. Dann kam: „Meine Fanny war mein ein und alles und ich bin so traurig gewesen.“  

„Für Tiere weint man  nicht“,  mit diesem Satz ging ich nach Haus. Ist das nur früher so gewesen?  Der Blick einmal  im Monat in die abonnierte Züchterzeitung zeigt das nur allzu deutlich. Oft erst Drei-und Vier jährige Pferde, mit  schon unendlich gestressten  traurigen Gesichtsausdruck.  Oft eingeschnürt präsentiert  und gern über den Sprung. Den Gesichtausdruck der Reiter kann man nur als verkniffen bezeichnen.  Macht Ehrgeiz so blind und gefühllos?  . Es zählt die Nutzbarkeit des Pferdes, die Veranlagung. Es ist ja kein Sport-, Voltigier-, Schul- oder auch Freizeitpferd, sondern es wird dazu gemacht.. Die meisten Kinder weinen um ihre Tiere, ob es das Meerschweinchen  ist, die Katze  oder das Pferd.  Lebt man es ihnen vor, dann sind sie überwiegend empathisch. Ich  kenne 5 jährige, die sehen noch, wie ein Pferd sich fühlt oder  8-Jährige, die nicht mehr in die Reitschule gehen wollen, aufs Ponyreiten verzichten und die ein Pferd nicht drangsalieren wollen, nur weil man es von ihnen verlangt.

Wenn wir erwachsen werden,  wird uns suggeriert, das müsse alles so sein,  man muss das Tier, egal wie, beherrschen. Es muss sich dressieren lassen oder gar durch Gewalt unterdrückt  und gefügig gemacht werden, sonst  ergreift es die Gelegenheit , uns zu schaden. Sprache verrät soviel.   Ich habe es oft erlebt, dass selbst nette, freundliche Pferde sich in unwillige, störrische und traurige Wesen verwandelten, weil sie  die Behandlung  seitens des Menschen als Schikane erlebten.  Wer kann es ihnen verdenken?  Tiere können, wenn sie Jemand mögen, unglaublich  empathisch sein- sie gehen Freundschaften zu uns ein, verzeihen, passen auf uns auf, trösten uns.  Ich habe es selbst erlebt, man muss nur die Zeichen in ihrer Sprache erkennen.  Ja und  ich weine um meine Pferde, um Tiere,  auch als Erwachsene. Man weint, wenn man etwas liebt,  aus Mitgefühl,  wenn man sieht, ein Mensch oder ein Tier leidet. Vergegenständlicht man es  zum Gebrauchgegenstand, dann  sieht man es nicht mehr als fühlendes, einmaliges Wesen, welches mit uns kommunizieren möchte.

Die Zeitung bestelle ich nun endlich ab. Ich hoffe, dass die Pferde darin einmal jemand finden, der auch um sie weint und ihnen Schmerz, Schikane und Demütigung erspart.

Man sollte sich niemals schämen, um Tiere zu weinen….

 

In diesem Sinne  Sabine

 

Text 2017/18

Das alte Pferd –  Irrtümer und Wissenswertes

Neulich traf  unsere Tochter unsere alte Araberstute Hadana auf der Seite liegend im Paddock an. Hadana war  unfähig, allein wieder aufzustehen. „Herrje“,  dachte ich, das ist nun das dritte Mal in letzter Zeit, doch wir bekamen sie mit vereinten Kräften recht schnell  wieder hoch. Ja,  sie schien sogar darauf zu warten, dass wir ihr halfen und holte extra Schwung zum Aufstehen, als wir sie anfeuerten. Hadana ist 28 Jahre und wird dieses Jahr 29.  Sie ist somit ein altes Pferd – ein altes, steifes Pferd durch ihre schwere Arthrose in den Sprunggelenken.

Doch wann ist ein Pferd überhaupt alt, stellt sich generell die Frage? Manche bezeichnen ja schon ein 17 jähriges Pferd als „alt“.

Wie wir Menschen altern Pferde unterschiedlich, je nachdem, welche Erbanlagen sie mitbringen, doch genauso  bedeutend sind ihre Lebensumstände –  wie verschleißend waren die  Tätigkeiten, die sie verrichten mussten, wie wurden sie gehalten? Ponys können von Natur aus  älter  werden als Großpferde, doch auch hier gibt es nur Wahrscheinlichkeiten und man entdeckt durchaus auch einmal einen uralten Kaltblüter oder ein  früh gealtertes Pony. Manche Shettys können bei guter Pflege über 40 Jahre werden, Großpferde bis Mitte 30.  Nehmen wir hier also  für ein Durchschnittspferd als Altersgrenze 20 Jahre an, ab diesen Zeitpunkt altern die meisten Pferde.

Ab diesem Alter nimmt nämlich die Anzahl der Pferde, die Arthrose, Augen – und Atemwegserkrankungen, Zahnprobleme oder das Cushingsyndrom  (ECS) haben, deutlich zu.

Oft sieht man alte Pferde abgestellt auf der Weide, klapprig, mit Senkrücken, eingefallenen Flanken und hängendem Kopf stehen. Ein Gnadenhof ist kein Garant, dass dem nicht so ist. „Der ist doch alt“, höre ich, wenn man mal nachfragt, warum das Pferd so dünn und struppig  aussieht. „Der tut doch nichts mehr“ heisst es selbst bei vielen Tierärzten und das Futter wird dem alten Pferd dazu noch radikal gekürzt. Doch gerade alte Pferde, ab 23, 24 Jahren, bei Ponys dementsprechend etwas später,  verstoffwechseln  ihr Futter immer schlechter, manche haben mit 25 bereits fehlende Backenzähne und können nicht mehr so gut kauen. Sie benötigen  also mehr Futter als in jungen Jahren, teilweise eingeweicht oder gequetscht.  Die Rationen müssten, wenn möglich, über den ganzen Tag aufgeteilt sein und das Raufutter ständig zugänglich. Manche der Senioren nehmen nur noch zu, wenn sie sommers auf einer fetten Weide stehen.  Über 30  können  zahnlos gewordene Senioren  oft nur noch Heucobs und eingeweichtes Futter fressen und benötigen ihr Zusatzfutter ganztägig. Die  Menge spielt dann keine Rolle mehr, Hauptsache das Pferd frisst.

Hier kommt auch die Haltung ins Spiel. Alte Pferde können Ranghöheren nicht mehr so gut ausweichen, vor allem, wenn sie eine deutliche  Arthrose oder auch Gleichgewichtsprobleme haben  und  das kann gerade in den üblichen Offen-  oder Aktivställen zum Problem werden. Einerseits tut den alten Pferden leichte, kontinuierliche Bewegung gut, doch nicht in Verbindung mit abrupten, hektischen Bewegungen, wie dem schnellen Ausweichen müssen vor anderen, ranghöheren  und vitaleren Pferden.  Oft haben die “Alten” dort nicht genug Ruhezonen  und es wird nicht bedacht, dass es Pferde in einer Herde geben kann,  die das Futter bewachen und unter anderen gerade alte, beeinträchtigte Pferde nicht mehr ans Futter lassen oder sie aus den Futterautomaten scheuchen.  Ebenso ergeht es mit Liegeflächen, kommt ein altes Pferd nicht mehr schnell genug auf,  und  hat Angst, dass Andere seinen Platz  beanspruchen, legt es sich kaum noch hin. Schläft und frisst es aber zu wenig , wird es nass und friert oft, wie es nicht in den Unterstand  darf,  altert es schnell und baut rapide ab. Wer also bemerkt, dass sein altes Pferd Probleme mit  anderen Pferden hat, trennt es besser neben seiner Herde ab, mindestens einige Stunden, damit es in seinem Tempo fressen und ruhen kann. Wenn es klebt, sollte ein Freund in der Nähe stehen dürfen. So gesehen ist die Haltung, Pflege und Fütterung  von alten Pferden aufwändiger.

Sie können ab einem gewissen Alter  meistens nicht mehr alles fressen,  und  wenn sie einen altersbedingten Cushing entwickeln, benötigen sie  meistens auch noch eine teure Tablette. Bei Pferden über 20 wächst die Gefahr, ein Cushingsyndrom zu entwickeln mit jedem Jahr.  Im Anfangsstadium kann man noch gut mit Diät und Naturheilmitteln etwas bewirken, doch ist der Cushing zu ausgeprägt, wird die Nahrung nicht mehr wirkungsvoll verstoffwechselt und die Pferde  bauen Muskulatur ab,  neigen zu Infektionen, Diabetes,  Hufrehe oder EORTH, einer entzündlichen Zahnerkrankung.Gerade Dauerstress oder Dauerschmerz durch Arthrose erhöhen den Cortisolspiegel des Pferdes, was wiederum die Cushingerkrankung begünstigt.

Enthalten sie ihren Pferd bei länger andauernden und sich verschlimmernden Beschwerden nicht die Tabletten ( Prascend/Pergolid) vor.  Erfahrungsgemäss  kann man diese Pferde wieder normal füttern, vorausgesetzt,  sie vertragen die Tabletten gut, das muss man eben ausprobieren, auch wenn ein Cushingtest, wie negativ ausfallen sollte. Das Pferd kann dennoch daran erkrankt sein.

Auch sollte man ein altes Pferd, das zeitlebends nachts an eine Box gewöhnt ist, nicht Knall auf Fall in irgendeinen Offenstall ( ab)stellen,   auch hier muss man schauen, wie die Herdenzusammensetzung ist und ob sich das Pferd überhaupt umstellen kann. Es spricht nichts gegen eine Box mit Weidegang,  Winterpaddock und guter Betreuung.  Auch  ein Umzug aus der vertrauten Umgebung sollte man sich gut überlegen, denn  die Trennung von langjährigen Pferdefreunden kann gerade für ein altes Pferd sehr traumatisch sein.

Magere, alte Pferde frieren schneller, besonders jenseits der 30. Sie können ihre Körpertemperatur nur mit hohem Energieaufwand halten und nehmen bei Kälte und Nässe rasch ab und erkälten sich. Eine Decke an solchen Tagen bringt Abhilfe. Ein zitterndes Pferd friert genauso wie Sie!  Lassen Sie sich ja nicht verunsichern von irgendwelchen Naturgurus, die Decken  in Bausch und Bogen ablehnen.  Ich wundere mich überhaupt über den Trend, wie viele Pferdehalter völlig unkritisch, der in letzter  Zeit wieder so in Mode  gekommene „Natürlichkeit um jeden Preis“ folgen. Schaut man einmal genau hin und beobachtet die Pferde in der  Haltung vor Ort,  so  halten manche dieser Thesen langfristig keiner Überprüfung stand, es sei denn, man nimmt die Nachteile in Kauf- gnadenlos. Es wird vergessen, dass es in der Natur eine natürliche Auslese gibt, die konsequenterweise dazu gehört, und dass wir keine echten Wildpferde haben, sondern hochgezüchtete Rassen und deren Mixe. Was für einen alten Norweger oder Isländer noch gehen mag, kann für ein Vollblutpferd eine Zumutung sein. In der freien Natur gibt es zudem keine richtig alten oder chronisch kranken  Pferde,  schon wer langsamer läuft als  der  Rest der Herde,  wird  schnell ein Opfer von Fressfeinden.

Deshalb schauen Sie lieber gut hin, besonders,  wenn sie ein altes Pferd besitzen. Behandeln Sie es so , wie sie selbst im Alter  gern behandelt werden wollen,  geachtet und gewürdigt. Stellen Sie es nicht irgendwo ab, sondern kümmern sie sich darum und arbeiten sie ruhig mit ihm, und wenn es nur  5 Minuten dreimal die Woche sind. Es möchte einfach nur beachtet werden. Wird es mager,  füttern sie es stärker,  und lassen Sie sich nicht irgendwelchen Leuten verunsichern, es geht um Lebensqualität Ihres Pferdes und nicht um irgendwelche  Futtertheorien.  Ich habe nie die Ärzte verstanden,  die einem 85 – Jährigen seine Zigarren und  sein Gläschen Schnaps verbieten wollten.

Aber vor allen  zeigen sie ihrem alten Pferd ihre Zuneigung.  Alte Pferde verströmen eine ruhige Würde  und  wenn man bedenkt, was den meisten Pferden in ihrem  Leben  so angetan wird, ist es ein Wunder, wie sehr  sie sich trotzdem einem Menschen öffnen, der sie versteht und sich bemüht, dass es ihnen gut geht. Ist es der alte Besitzer, so scheinen sie ihm seine Fehler zu verzeihen. Sie haben eine Größe, an der sich Menschen ein Beispiel nehmen können. Selbst ganz alten Pferden kann man noch Traumaarbeit anbieten und ihnen ein Stück Leid nehmen,  sofern sie nicht allzusehr körperlich beeinträchtigt sind.  Und wenn der letzte Gang kommt, und Sie das womöglich entscheiden müssen, ob und wann, stellen Sie sich dem. Lassen Sie ihr Pferd nicht im Stich und es allein, sondern begleiten sie es.  Auch Sie werden einmal sterben, ganz bestimmt und  es ist zwecklos den Tod als ein unangenehmes Ereignis zu verdrängen. Es ist ein ganz intensiver Moment, mit einer Wucht an den Emotionen dieses Abschied nehmen.  Sie sollten sich dem stellen und damit reifen.

Seien sie dankbar, dass dieses Pferd  mit Ihnen sein Leben oder zumindest einen Teil davon, geteilt hat,  denn jedes Lebewesen ist einmalig- ja, das Leben ist einmalig,  auch für ein Pferd- dessen  sollten wir uns immer bewusst sein. Sehen wir es als Geschenk…

In diesem Sinne Sabine

 

PS: Hadana ist eineinhalb Jahre später mit  29 Jahren gestorben…zu Haus

Frei oder sicher?

vorletzten Sonntag endete ein Intensivkurs und dort begegnete mir ein Pferd, welches mich zu diesen, gerade zur Zeit sehr wichtigen Thema inspirierte. Dieses Pferd, ein Wallach namens Rocko, kämpfte sehr schnell mit seiner Besitzerin, nicht auf aggressive Art, sondern indem er massiv wurde, immer wieder ihren Individualraum nicht respektierte, sich unvermittelt losriss, oder extrem zäh reagierte, besonders bei der Bodenarbeit. Er war vom Wesen her eine starke Persönlichkeit, aber früher durch diverse Reitbeteiligungen auch traumatisiert. Körperlich war er leider durch eine vorzeitige Arthrose beeinträchtigt, aber durchaus noch in der Lage, einige langsame Runden Trab oder Schritt auf dem Zirkel zu gehen oder eine nicht allzu lange Strecke auszureiten.
Das Verhältnis zu seiner Besitzerin war insgesamt gut, sie hatte bei ihm durchaus einen Sympathiebonus, aber immer wieder diskutierten die Beiden, zuweilen richtig heftig. Er ging oft unmerklich, aber durchaus beabsichtigt in ihren Individualraum, stellte sich unhöflich schräg und viel zu dicht vor sie hin und gab ihr teils deutlich, teils mit ganz feinen körpersprachlichen Signalen zu verstehen, dass er sie zwar mag, aber nicht richtig respektieren kann.
Im Kurs klebte er an einer Stute aus seinem Stall, die mit ihm zusammen den Kurs besuchte und jedes Mal ließ er wegen ihr seine Besitzerin auf dem Platz links liegen. Auffällig waren seine besonderen, bernsteinfarbenen Augen und in manchen Momenten strahlte er sehr viel Würde aus, aber um ein wirklicher Herdenchef zu sein, fehlte es ihm am letzten bisschen Souveränität.
Seine Besitzerin versuchte nun schon seit Jahren ihr Verhältnis zu ihm abzuklären, auch ihre Angst in manchen Situationen, gleichzeitig bereute sie auch Einiges aus der Vergangenheit. Doch Rocko machte ihr immer wieder Angst, wenn er beschloss, seiner Wege zu gehen oder sich zu verweigern. Im Kurs sollte sie mit ihm nicht ins kämpfen kommen, sondern passiv führen, indem sie durch sanftes Abschwenken ihres Weges entgegen der Ausrichtung seines Kopfes die Führposition behielt. Wenn sie dann rückwärts in die Mitte ging, um ihn gerade vor sich hinzustellen und loszumachen, sollte sie auf ihren Individualraum bestehen und einfach weiter gehen , wenn er dennoch zu dicht kam. Somit behielt sie wenigstens wieder ihre führende Position. Sie sollte ihn erst abhalftern, wenn er gerade,( eine natürliche Höflichkeitsgeste), vor ihr zum Stehen kam, ohne den Versuch, wieder in ihren Individualraum einzudringen. Nach dem Losmachen sollte sie nur dann reagieren, wenn er sich schräg vor sie stellte oder extra dicht an ihr vorbeigehen wollte. In diesem Fall aber wirklich konsequent und energievoll, es war seine Entscheidung, ob er sie ihn womöglich traf. Sie wahrte zwischendurch lediglich einen kleinen Raum in einer Ecke für sich, in die er auch gern hinwollte, die sie aber immer wieder verließ, um sie später ganz beiläufig erneut zu besetzen. Er ärgerte sich, aber nach kurzer Zeit wurde er ruhiger und höflicher, das Kleben an der Stute stellte sich ganz ein. Er schaute sie zum ersten Mal richtig an und wirkte stolzer und zufriedener. Was hatte sie getan? Sie hatte ihn einen ganz klaren Rahmen gegeben. Sie bestand auf ihren Individualraum, ihr Habitat , die Ecke, reagierte auf alle kleine Frechheiten, indem sie entweder ihren Raum nahm oder ihm zeigte, dass sie diese bemerkte. Sie lobte ihn für Höflichkeit, und schickte ihn aus ihren Raum, wenn er ignorant und übergriffig wurde. Zirkelarbeit wurde erst gar nicht versucht, sie blieb dort stehen, wo sie gerade war. Nach kurzer Zeit reagierte er viel feiner und ging von sich aus auf den Ziegel eine Runde, ganz von selbst einmal ohne Diskussionen. Statt unterdrückt zu wirken, sah er sehr stolz und würdevoll aus.
Beim Reiten, fass ihm an sich gefiel, diskutierte er ebenfalls gern, bog einfach ab, hielt auf ein natürliches Körpersignal mal an und mal nicht an und es entwickelte sich oft zu einem Gezergel am Zügel. Der Gedanke kam, ihn auch hier einen klaren Rahmen zu geben, obwohl er zuweilen mit einer gebisslosen Zäumung ging. Lea, seine Besitzerin sollte also es einmal mit einem Pelham versuchen. Ein Pelham hat kurze Anzüge, aber keine Zungenfreiheit und das Pferd kann im Gegensatz zur Kandare mit der Zunge noch ein wenig den Druck von den Laden nehmen. Es ist ein eindeutigeres und schärferes Gebiss als eine ungebrochene Trense. Da wir ja normalerweise zügelunabhängig reiten möchten, reicht es aus, den Zügel vom Pelham lediglich lose durchhängen zu lassen, nur im Falle des Abbiegens oder Losgehens in die falsche Richtung sollte sie das Pelham ganz kurz sanft annehmen, um Rocko eine Grenze zu setzen, Was viele vergessen, beim Pferd ist der Nasenrücken hochempfindlich und ein Gebiss, dass auf die eher unempfindlichen Laden einwirkt, ist hier tatsächlich schonender, sofern es nicht mißbraucht wird. Früher bei der Dressur biss sich Rocko fast auf die Brust , wenn er ein normales Gebiss trug und versuchte so, sich der Wirkung zu entziehen. Der Wallach zeigte mit dem Pelham und durchhängendem Zügel jedoch keinerlei Stressreaktion, sondern entspannte sich, war aufmerksam, und verplemperte seine Energie nicht mehr mit Diskutieren. Seine Begleiterin, die Stute Murea, konnte vorgehen und im Gegensatz zu den vorherigen Ausritten somit den Ausritt auch mal anführen. Alle Beteiligten waren deutlich entstresst. Lea saß viel ruhiger auf ihren Pferd und störte ihn nicht mehr mit ihrem Gezerre und ihren Ängsten und ließ ihn einfach gehen. Sie konnte nun Rocko einen klaren Rahmen gegeben und so fühlte er sich sicherer, weil die Führung auch von oben stimmte und er so nicht mehr mit der Stute konkurrieren musste, die sich, wie sich herausstellte, vor allem in schnelleren Gangarten gut als Frontpferd bewährte. Prognose: Wenn er merkt, dass Lea imstande ist, ihm vom Boden und auch von oben einen Rahmen zu geben , wird sie kein Pelham mehr benötigen und kann es wieder gebisslos versuchen. Zuvor muss sie in seinen Augen ihren Job endlich richtig machen, damit er sich sicher fühlen und sich entspannen kann.
Wir denken immer, Freiheit wäre das Größte für ein Pferd und auch für uns, doch was wir vergessen: Freiheit und Sicherheit stehen im Gegensatz zueinander. Sicherheit bedeutet Regeln, Begrenzungen und Beziehungen haben. Die meisten von uns leben in Häusern und ungern auf der Strasse, wir leben nach Regeln, damit ein Anderer seine Freiheit nicht auf unsere Kosten ausdehnt. Enge Beziehungen geben uns Sicherheit, aber sie bedeuten auch eine Einschränkung der Freiheit, weil sie uns verpflichten, Rücksicht oder Verantwortung zu übernehmen. Wo viel Freiheit herrscht, ist wenig Sicherheit und umgekehrt, Eine riesige Weide umrundet vom Wald mit einem Bach darum, so dachte auch ich früher, sehen wir als das ideale Paradies für Pferde an. Doch ist es wirklich so? Wollen alle Pferde möglichst frei leben? Zunächst, wir haben Hausferde, und die halten sich gern da auf, wo auch wir Menschen sind, das gibt ihnen Sicherheit, Schutz vor vermeintlichen Raubtieren oder auch anderen Pferden, die sie vertreiben könnten.
Man sollte also sein Pferd gut beobachten , es gibt schon Typen, die möchten viel Freiheit und schlafen am liebsten draussen auf einem freien Feld, vor allem wenn sie in einer größeren Herde leben und einen guten Rang dort bekleiden. Andere Pferde möchten eine gewisse Zeit in einem Stall oder einer Box verbringen, um dort in Ruhe schlafen, dösen und fressen zu können. Leben sie durchgängig auf einer großen Weide und haben nicht die Möglichkeit eines Rückzugs in einem geschlossenen Stall, erlebt man sie sie ständig müde und gestresst. Selbst wenn sie sich daran gewöhnen, glücklich sind sie nicht, das ist erkennbar an ihren Augen. So kannte ich auch wild aufgewachsene, erwachsene Pferde, die paradoxerweise einen Großteil des Tages am liebsten im Stall verbrachten, obwohl sie jederzeit nach draussen gehen konnten.
Genauso dachte ich anfänglich , dass Pferde am liebsten ganz frei von uns geritten werden möchten, ganz ohne Zaumzeug. Dann begegnete uns im Kurs ein wild in den Pyrenäen aufgewachsenes Merenspferd mit seinem Besitzer. Die beiden hatten ein inniges Verhältnis zueinander und er konnte frei mit ihm durchs Dorf spazieren. Also wurde ein Ritt nur am Halsring vorbereitet, erstmal auf einen sicheren Weg, mit Stoppern am Ende, falls es nicht klappte. Doch der Merens hielt alle 10 Meter an und schaute nach oben auf seinem Rücken, sich anscheinend vergewissernd ob der Besitzer noch da ist. Er mochte es nicht, dass keine Verbindung zwischen ihnen war, es fehlte ihm an Führung, Ein Halfter mit Seil brachte Erleicherung und sie ritten ohne Probleme nach Haus- ohne Stopper, denn die waren gar nicht nötig. Wieder einmal etwas gelernt, Danke!
Pferde wie Rocko oder der Merens Ombre lehren , dass das, was wir uns vorstellen, für sie nicht immer richtig ist. Sie lehren, dass wir wirklich einmal hinschauen, was uns ein Pferd wirklich mitteilt. Rocko, der seine Besitzerin Lea sehr mag, will jemand, der führen kann, sonst übernimmt er diese Aufgabe mit allen Stress, der dazu gehört. Man stelle sich den Konflikt vor, sie war in seinen Augen nicht in der Lage zu führen, aber wenn er versuchte, zu führen, bekam sie Angst. Unklarer ging es nicht.
Es sollte immer eine Balance geben zwischen beiden Aspekten, und je nachdem wie wir ticken, oder wie eine Situation sich darstellt, tendieren wir mehr zu dem Einen oder zu dem Anderen, genauso wie unsere Pferde…….
In diesem Sinne Sabine

Text 2016

Mit Pferden sein- Körper, Sinne, Seele

so heisst der Titel von meinem zweiten Buch, mit Bedacht gewählt. Mit Bedacht, weil es mit drei einfachen Worten beschreibt, was Mit Pferden sein…ausmacht.
Ein Pferd lebt im Hier und Jetzt. Es „ist“, wie wir auch, denn wir existieren auf dieser Welt, wir „sind“ . Ein Pferd erfährt das Sein unmittelbar. Es grübelt nicht, was die Zukunft so bringt, plant nicht auf lange Sicht, es lebt meistens im Augenblick und ist damit beschäftigt, dass es überlebt. Es wäre in der Natur normalerweise da, wo es Gras/Futter gibt, sähe zu, wie es durch den Winter kommt, Feinden entgeht, als Hengst versucht, Nachwuchs zu zeugen, als Stute Fohlen aufzuziehen und Sicherheit in einer Herde zu finden. Es wird versuchen, im Rang aufzusteigen, um damit besseren Zugang zu Ressourcen zu bekommen, um dei Überlebenschancen zu erhöhen. Im Großen und Ganzen wird ein Rang dann auch akzeptiert, um nicht ständig Kraft zehrende Rangeleien eingehen zu müssen. Ein Pferd kann Freundschaften eingehen, enge Bindungen zu anderen Pferden, die sich ähnlich wie in einer menschlichen Sozietät dann gegenseitig unterstützen, sich warnen, das Futter teilen, den Anderen verteidigen. Es legt, im Gegensatz zu unserer Spezies, keine Vorräte an, sondern lebt, von seinem guten Gedächtnis unterstützt, indem es wandert, Wasserstellen, Schutz und Weidegründe aufsucht. Es hat Sinne, es fühlt wie wir, es hat ein Empfinden, eine eigene Persönlichkeit, es ist einzigartig, es lebt und fühlt und ist damit „beseelt“. Es besitzt einen Körper. es hat Sinne, und es hat eine Seele.

Unser Körper ist dass, was sicht- und fühlbar ist, hier auf dieser Erde. Ob wir noch einmal existieren, ob es uns anderswo als andere Lebensform in einem Paralleluniversum gibt, auf einer anderen Ebene, das wissen wir nicht, das entzieht sich unserer Vorstellung. Wir sind in diesem Körper, auf diesen Planeten, spüren uns hier, unter diesen Bedingungen, unser Handeln hat direkte Auswirkungen auf die Gegenwart und auf die Zukunft. Ob es ein Leben davor oder danach gibt ist Spekulation, wir wissen es nicht wirklich. Unser Gehirn kann uns durchaus einen Streich spielen, oder, da keine Energie verloren geht, aus anderen Zeiten Botschaften empfangen, die ein anderes Leben,ein anderer Energieträger im Orbit hinterlassen hat. Wer weiss das schon. Für all diese offenen Fragen gibt es einen Glauben, der uns das Nichtwissen erträglich macht. Denn wir haben ein Bewusstsein unserer selbst, wir erfahren uns als Individuum, können nachdenken, nach dem Sinn fragen. Warum gibt es mich? Warum verläuft mein Leben so, wie es ist? Warum bin ich hier geboren und nirgendwo anders? Warum bin ich ein Mensch? Warum bin ich dieser Mensch? Gibt es eine Seele oder sind alles nur chemische Prozesse, die in uns ablaufen, hormonell, biochemisch? Gibt es einen Schöpfer des Ganzen? Bin ich nur ein bedeutungsloses Sandkorn, eine Spielart des Lebens, einer Bakterie gleich?.
Es gibt und gab die Religionen, um auszuhalten, dass unsere Existenz sich vllt. nicht von der eines Pferdes, eines Wurms oder einer Pflanze unterscheidet.
In unser deutschen Sprache sagt man: Jemand „verkörpert“ Dies oder Das. Der oder das ist „beseelt“, dies oder das ist „sinnlich“ – Die Sprache unterscheidet also körperliche, sinnliche und seelische Bereiche.

Wird der Lebensinhalt auf die körperliche Ebene reduziert, Essen, Trinken, Sex, körperliches Wohlbefinden, entsteht schnell das Bestreben, all das zu bekommen, indem ich reich, mächtig und/oder attraktiv werde. Lebewesen, wie z.B. die Pferde oder Menschen werden zu Objekten reduziert, mit denen man Status und Macht dokumentieren kann, anerkannt wird, Wohlstand demonstrieren kann, attraktiv ist. Andere Lebewesen dienen lediglich zur Bedürfnisbefriedigung. Ich habe, also bin ich.

Dennoch ist die körperliche Ebene zu würdigen, denn unser Körper trägt uns von A nach B, ist das Gefäss, ohne dass wir auf Erden nicht existieren würden. Vielleicht haben später auch Maschinen ein Bewusstsein und ein Körper, wie wir ihn haben, wird unwichtig. Doch im Hier und Jetzt sind wir ohne ihn nicht existent, tot, nicht vorhanden. Wir müssen achtsam mit ihm umgehen, da seine Existenz auch unsere hier bedeutet. Wir verzehren und verarbeiten andere Lebensformen, um den Körper zu erhalten, ihm Energie zuzuführen und Leben bedeutet, Leben zu wollen egal auf welcher Ebene, sonst gäbe es keins.

Doch der Körper kann viel mehr , als bloße Bedürfnisse anmelden, er ermöglicht uns auch, zu kommunizieren. Er beinhaltet unsere Sinnesorgane. Er enthält unser Gehirn, dass Sinneseindrücke verarbeitet und in Gefühle umsetzt. Der Körper trägt uns an Orte, an die wir wollen, legt, stellt oder setzt uns hin, baut die Nahrung an, die wir brauchen, lässt uns laufen, klettern, reiten, schwimmen, springen. Wer am Körper versehrt ist, erfährt dies erst einmal als Mangel.

Ein Körper, der atmet, und lediglich existiert, wäre wenig ohne die Sinne. Je weiter die Sinne entwickelt sind, desto mehr kann ein Lebewesen wahrnehmen, erkennen und seinen Körper dazu veranlassen, zu handeln. Sie ermöglichen uns einen Blick in die Welt, lassen uns in begrenzten Maße hören, riechen, sehen, fühlen. Die Sinne sind unser Informant, das Gehirn ist die Schaltzentrale, das die Sinneseindrücke verarbeitet , filtert, vorsortiert, je nach Wichtigkeit. Sinne und Körper bilden im Idealfall eine Einheit.
Die Seele ist dagegen schon weniger fassbar, betrachten wir sie als die Ebene des Daseins, dass wir existieren, fühlen, da sind. Die Kommunikation der Seele findet auf einer anderen Ebene statt.
Sie ist nicht unmitttelbar an den Körper gebunden, nicht sichtbar und deshalb nicht ohne Weiteres beweisbar. Die Seele drückt sich in Empfindungen aus, im Spüren und der Intuition. Ein Pferd spürt, ob wir es innerlich annehmen oder ablehnen, auch wenn es nach aussen und von unserem Verhalten her gar nicht sichtbar ist.. Es spürt, ob wir bedrückt sind, egal wie fröhlich wir tun. Es merkt, wer wir in Wirklichkeit sind, egal wie wir schauspielern. Umgekehrt können wir spüren, was ein Pferd fühlt, wenn wir uns dafür öffnen. wie verzweifelt es ist, auch wenn es das gar nicht mehr offen zeigt. Wir empfinden Liebe, Mitgefühl, Schmerz, Leid, Wut oder Angst des Pferdes genauso wie ein Pferd die unsrigen Gefühle wahrnimmt. erfassen , wem wir da vor uns haben.
Mit Pferden sein beinhaltet alle drei Säulen- den Körper, die Sinne die Seele.

Eine Kommunikation ohne Seele reduziert sich auf körperliche Techniken und auf reine Körperlichkeit. Oft zu sehen beim herkömmlichen Umgang mit dem Pferd, in Extremform beim sogenannten Horsemenship-Training, Zirzensik oder auch Dressurreiten. Einer Kommunikation nur auf der seelischen Ebene fehlt die Sinneswahrnehmung, woraus sich das körperliche Handeln ableitet und reflektiert. Es wird verharrt im Vagen. Man fühlt etwas, bekommt etwas auf in dieser Ebene mitgeteilt, kann es in der Kommunikation aber nicht mit dem Handeln auf der körperlichen Ebene umsetzen, zumal, wenn noch die Reflektion durch die Sinne fehlt, oft zu sehen nach der Tierkommunikation. Reine Wahrnehmung durch die Sinne, ohne den seelischen und körperlichen Bereich zu beachten, lässt uns zum unbeteiligten Beobachter werden, oft zu sehen in der Verhaltensforschung. Nimmt man wahr durch die Sinne, und reagiert körperlich folgerichtig, aber die Gefühle, das Erkennen des Wesens auf der Seelenebene fehlt, so wird sich kein echter Kontakt zum Pferd aufbauen, es wird sich nicht öffnen. Die Verbindung ist dann oberflächlich, unverbindlich und hat keine Tiefe.
Mit Pferden sein ist kein leichter Weg denn oft denkt man gerade zu Anfang, es schon bereits verstanden zu haben. Betrachtet es aus dem eigenem Kontext heraus, an dem man sich zur Zeit selbst befindet. Selektiert, ohne es zu bemerken. Der Eine sucht sich die körperliche Ebene heraus, in Form von Technik und lernt akribisch die körpersprachlichen Elemente,ohne zu bemerken, wie sein Pferd sich fühlt, der Andere stürzt sich auf die seelische Ebene aber vergisst sein Pferd regelmäßig zu füttern oder wird umgerannt, weil es an körperlicher Präsenz und Wahrnehmung fehlt. Der Dritte stürzt sich auf die Wahrnehmung und beobachtet sein Pferd nur auf der Weide, kommuniziert nicht mit ihm oder beobachtet Andere, was die so falsch machen.
Mit der Zeit aber merkt man, wenn man denn will, dass man es nicht trennen kann, dass man alle Ebenen berücksichtigen muss. Am Anfang wird man immer „seine„ bevorzugen , doch mit der Zeit merkt man, dass man mehr und mehr und alle zugleich erfährt , und es wird Momente geben wo man fühlt wie es ist, zu Sein…

In diesem Sinne Sabine

Text 2015

Alles, Jetzt und Gleich- über die Kunst der Geduld

Immer wieder inspirieren mich tägliche Geschehnisse zum Schreiben von Essays, denn ist nicht das, was im Alltag passiert, unser eigentliches Leben und Erleben? So bekomme ich viele Emails und Anfragen und lese parallel dazu Beiträge auf facebook aus unseren Gruppen, Nachrichten, Berichte und Bücher, die zum Nachdenken anregen.
Unter der Flut der Informationen hat es Mancher heutzutage nicht mehr leicht, Wichtiges herauszufiltern und anderes lediglich als Berieselung zuzulassen. Was aber gerade an vielen Mails und immer wieder kehrenden Beiträgen nicht nur der Anfänger in unser FB- Gruppe auffällt: Menschen haben viel weniger Geduld als früher oder kommt es mir nur so vor, als Alterserscheinung sozusagen?
In einer Zeit, wo man nur den Bildschirm anmachen braucht, um gewünschte Informationen zu bekommen, auf Klick vom Handy bestellen kann und zack dann ist es schon vorgestern da, verlernt man da nicht das Innehalten, das Warten und Abwarten?
Es wird ein Buch durchgeblättert, ein Text überflogen und oft überhaupt nicht wirklich verstanden, aber erwartet, alles jetzt und gleich daraus umsetzen zu können. Es wird eventuell noch ein Kurs besucht und nach wenigen Stunden oder Tagen als Kursteilnehmer erwartet, dass alles möglichst „gut“ klappt, abrufbar ist. Das alles ruckzuck „harmonisch“ ist, was vorher Jahre schief lief.
Das Pferd wird glücklich, die Bodenarbeit perfekt und alles wird gut. Oft ist ein Anfangs“erfolg“ ja auch da, das Pferd reagiert darauf, dass alte Muster durchbrochen werden, nicht geputzt, danach geritten oder am Boden genervt und es dann weggebracht wird. Es erfährt, dass es wahrgenommen wird, dass man „da“ ist und etwas für sich tut, anstatt immer etwas von ihm zu wollen.
Es ist dann erst einmal interessiert, doch ganz schnell wird wieder ein Programm aus dem Gelernten und Erfahrenen gemacht, das Bewahren des Individualraums zur Methode reduziert, das “ Etwas für sich tun“ zum Rezept, wo das Pferd gefälligst positiv reagieren „soll“. Das Joggen für sich auf dem Zirkel oder das Laufen weg vom Pferd, um sich einmal nicht auf´s Pferd zu fixieren- wird als Mittel zum Zweck und dann, ja dann bricht alles zusammen.
Warum? Weil es eben kein gemeinsamer Austausch mehr ist, weil eben nicht mehr wahrgenommen wird, was das Pferd „sagt“ . Das weisse Blatt Papier, wo das Pferd das erste Wort schreibt, ist keins mehr. Es wird wieder ein Roman vorweg entworfen und zack ist man wieder im alten Muster, nur nennt sich das „Mit Pferden sein…“ denkt man, dem Namen nach zumindest.
Das Pferd aber steht dort und teilt seinem Menschen mit , dass es wütend, enttäuscht oder eben nicht wirklich etwas vom Besitzer wissen will oder es spult wieder sein Programm ab, von einer innigeren Beziehung keine Spur. Aber das Gute daran – die Meisten erkennen dies nun wenigstens ansatzweise.
Dann überkommt uns Frustration bis hin zur Verzweiflung. Der Eine wendet sich in dieser Phase ab und macht herkömmlich weiter, weil es ja nicht „funktioniert“, weil das Rezept eben nicht alltagstauglich ist…es wurde doch ein Fertiggericht erwartet, leicht und lecker. Harmonie und Freundschaft – instant.
Doch in Wahrheit kommt jetzt die nächste und sehr wichtige Phase von Mit Pferden sein… in sich zu gehen, das Buch noch einmal zu Hand zu nehmen, wirklich zu lesen, es anders zu probieren , die ganze Palette der Emotionen durchzumachen, Innezuhalten, Erfahrungen zu sammeln und sich dadurch weiter zu entwickeln.
Doch oft lese ich- Ich komme nicht „weiter“, ich brauche Extra-Unterricht, Stunden, ein privates „Tagesseminar“, Anleitung sofort und gleich, sofern das Geld dafür da ist.
Es dauert noch so lange bis zum nächsten Seminar, oder, ach was , noch besser- ich fahre gar nicht zum langen Intensivkurs, ich hole mir das in regelmässigen Häppchen von den Mitarbeitern und muss keinen Urlaub nehmen, keinen Hänger organisieren , erspare das lästige Verladen und spare Zeit. Und überhaupt, das arme Pferd, habe ich es nicht „gefragt“ ob es im Hänger fahren will, und es hat „nein“ gesagt??
Es soll immer alles gleich, sofort oder auch Häppchenweise geschehen, instant zusagen, ohne wirkliche Mühe – Harmonie mitgeliefert.
Das ist aber nicht Mit Pferden sein. Der Name sagt es schon- es hat eine spirituelle Komponente – das Sein – aber gerade das ist das am wenigsten Geheimnisvolle, denn wir „sind“ immer, einfach weil es uns gibt. Es ist uns nur nicht bewusst und das Pferd hilft uns zu Momenten , wo wir verschmelzen und das „Sein“ auf allen Ebenen erfahren können.
Ein Pferd will kein esoterisches Blabla zum Selbstzweck, ein Pferd will jemand, der in der Lage ist Futter zu finden, dem es bei Gefahr vertrauen kann, der es versteht, den es respektieren kann, mit dem es Spass und Abwechslung erleben kann, von dem es sich verstanden fühlt , anstatt besetzt.
Ich habe Angst vorm Reiten, vor Schnelligkeit, Energie? Ich habe Angst, etwas falsch zu machen? Ich habe Angst, dass mein Pferd mich nicht liebt? Ich habe Angst, dass Andere mich nicht wertschätzen, wenn ich nichts mit meinem Pferd leiste, es nicht wie ein Uhrwerk funktioniert? Ich muss immer perfekt sein, die Kontrolle haben, weil ich mich nur dann sicher fühle?

Sind das nicht genau die Themen, die uns ein Pferd zeigt und die wir erst einmal zulassen müssen, aber auch lernen, das nicht zu werten. Ist nicht „Mit Pferden sein…“ dass man sich mit dem Pferd zusammen entwickelt, einen Lebensweg zusammen geht, mit allen Aufs und Abs und das ein Seminar die Richtung für diesen Weg zeigt? Den Horizont, wo es hingehen könnte? Doch bewegen müssen wir uns schon selbst. Ab und an kann uns jemand die Hand reichen, wenn es zu gefährlich wird, wenn ich strauchele oder um aus einer Sackgasse rauszukommen.
Ein Seminar weist mir die Richtung und soll das Handwerkszeug mitgeben, aber was ich damit mache, ist meins.

Ich bin diesen Mit Pferden sein….Lebensweg mit meiner Mira gegangen. 25 Jahre durch Höhen und Tiefen und es war einmalig. Mit ihr fing ich meine Ausbildung an. Hat alles „geklappt“? Nein, ich musste es mir verdienen, sie war meine Lehrmeisterin, sie hat mir gezeigt, wo es stimmte und wo nicht. Sie hat mir die Richtung gewiesen, immer und immer wieder. 25 Jahre zusammen „sein“. Ich bin ihr unendlich dankbar, sie war eine wunderbare Freundin und Gefährtin. Ich habe sie nie besessen, sie war immer sie selbst und einfach da. Sie hat mir bis zum Schluss soviel gelehrt – was Loslassen bedeutet, was Liebe ist, was Schmerz, was Hingabe und in ihrer letzten Stunde, was Würde ist und Tapferkeit.
So ist es ein Weg ohne Ziel, und von daher stellt sich die Frage gar nicht, ob etwas „klappt“ . Es stellt sich eher die Frage, ob man bereit ist, hinzuschauen, warum etwas nicht klappt. Wer ich bin und was ich tue. Und das ist die erste Prüfung. Geduld zu haben mit sich, mit dem Pferd, mit dem Leben.
Ich kann verstehen, wenn jemand Hilfe benötigt und die bekommt er auch, aber nur weil ein Pferd nicht auf dem Zirkel marschiert, nicht reinkommt oder uns die kalte Schulter zeigt ? Vor kurzem gab es noch kein facebook oder youtube, sehr selten Stunden, es wurde ein Jahr gewartet oder zwischendurch ohne Pferd auf die Kurse gegangen, um Wissen und Input aufzusaugen. Dann wurde nach Haus gefahren, zum Pferd gegangen und die Wahrnehmung, die innere Einstellung und die körpersprachliche Kommunikationsfähigkeit hatte sich ein wenig weiter entwickelt-. Und irgendwann merkt man, es ist eine neue Tür aufgegangen und man kann vorsichtig einen neuen Raum betreten- mit Geduld erahnt man die Eingänge und mit Geduld tun sie sich irgendwann wie von selbst auf …

In diesem Sinne Sabine

September 2015

Essay – Was ist selbstverständlich?
vor einigen Tagen las ich verschiedene Beiträge auf facebook und stieß dabei auf
einen Clip über ein Pferd, der mich sehr berührte. Zeitgleich erzählte mir eine unserer Einstellerinnen von einem Erlebnis, dass sie beim Besuch eines neuen Reitstalls hatte und all das regt mich doch zu ein paar Gedanken an, die ich hier teilen möchte.
Einer der sehr emotionalen Beiträge kam von einer Stallbesitzerin, bei der lange Zeit ein schwieriges Pferd eingestellt war. Sie mochte dieses Pferd sehr gern und fragte mich in einem Kurs, ob es möglich wäre, dieses Pferd wieder hin zu bekommen, denn es zeigte schon extreme Verhaltensweisen, die man schon als bewusst selbst verletzend bezeichnen würde. Dieses Pferd gehörte einer passionierten Springreiterin und musste sehr oft an Turnieren starten. Es zitterte am ganzen Körper, wenn es jemand mit weißer Reithose kommen sah. Es bekam wenig Futter, weil es immer schlechter „funktionierte“ , damit es nicht so „aufdrehte“ . In Wahrheit war es psychisch so am Ende, dass es sich aufregte und dabei ständig verletzte- für manche Pferde und Menschen ein letztes Ventil vor unendlichem Stress. Die Stallbesitzer hätten dieses Pferd gern gekauft, einfach aus Mitgefühl und Zuneigung. Neulich kamen sie in den Stall und das Pferd war weg, abgeholt und durch ein Neues ersetzt worden. Die Besitzerin hatte es nicht für nötig befunden, die Stallbesitzer zu informieren. Es schien wohl selbstverständlich, dass ein Pferd, welches immer weniger funktionierte, einfach durch ein anderes ersetzt wird. Es bleibt ja stalltechnisch alles beim Alten. Wo es hingekommen ist? Das weiß niemand so genau. Ist ja auch egal. Der “Bock “war ja ein Spinner-soll sich doch wer anders mit ihm abplagen oder in die Wurst geben-ist doch eine Erlösung für ihn, mag sie gedacht haben?! Aus den Augen, aus dem Sinn.

Die Stallbesitzer wurden nicht einmal gefragt, ob sie ihn übernehmen wollen, obwohl sie deutlich signalisierten, dass sie ihn gekauft hätten.

Könnte es sein, dass es für die Besitzerin unerträglich gewesen wäre, dass ihr Pferd mit anderen Menschen und einer anderen Herangehensweise positiv verändert hätte?? Oder dachte sie schlicht und ergreifend, dass der „Spinner“ doch sowieso gefährlich war und sie nicht die netten Stallbesitzer gefährden wollte?? Auf die Idee, dass ihr eigenes Verhalten Schuld daran war, kam sie wohl nicht?! Dass ihr Pferd von ihren Ansprüchen völlig gestresst war, überfordert-unglücklich? Es ist ja selbstverständlich, dass ein Pferd als Sportgerät eingesetzt wird. Es wird nicht gefragt, ob es das will, verträgt oder damit überhaupt klar kommt.

Die Geschichte unserer Einstellerin war ähnlich. Sie besuchte eine Bekannte, die ihr Pferd vorübergehend in einen neu gebauten Stall untergebracht hatte. Sie erzählte, dass sie den Stall und die dazu gehörige Halle wunderschön empfand, gut durchdacht, mit Paddockboxen und ganz viel Licht.

Doch fast alle Pferde dort wirkten abgeschaltet und traurig- man erzählte ihr, ein Mädchen hätte dort schon öfter ihr Turnierpferd an die Wand geritten. Ich kannte das Mädchen, es ist vor einiger Zeit im Springkader aufgenommen worden – ich erinnere mich an sie, als sie noch ein Kind war, da zog sie los, ritt die Pferde nur am Halfter, locker und unbeschwert,.

Vor etlicher Zeit, nachdem sie für die “höhere” Laufbahn im Pferdesport erwählt worden war, sah ich sie zufällig reiten, ein grosses Springpferd, es sah angestrengt, unschön und “schwer” aus und eher nach Kampf. Es scheint den Reitern, aber auch vor allem den Profis, selbstverständlich, dem Pferd dann eins überzuziehen, wenn es nicht „spurt“. Man macht das ja so, selbst wenn fremde Leute zuschauen, dann schlägt man halt seltener drauf und nicht so fest. Im Springkader scheint man das so zu lernen, man will ja Erfolg haben…siegen,groß rauskommen…
Nun die dritte Geschichte- normalerweise schaue ich mir extrem selten Clips über fremde Pferde an, es stößt mich meistens nach kurzer Zeit ab. Doch über einen Clip stolperte ich, nämlich einen über den berühmten Totilas. Ein Mädchen zeigte in ihrem Clip in verschiedenen Sequenzen, wie fragwürdig doch in der Dressur geritten wird, er extrem im Maul gezogen wurde, mit dem Schweif schlug, die Kandare am Anschlag hing, die Hyperfexion des Halses etc. . Der Clip war sehr gut gemacht, sachlich und alles wurde durch gezoomte Aufnahmen in Zeitlupe dokumentiert..

Ich las einige der Beiträge darunter und war recht enttäuscht, sah denn niemand in seine Augen ? Denn der Ausdruck seiner Augen nahm mir den Atem: Totilas ist ein verzweifeltes Pferd – das sagten seine Augen, dieser Blick. Die Kommentare aber waren eher technischer Natur , wie man reiten solle etc. –nur eine kam auf die Idee, dass der ganze Zirkus doch nicht für Pferde veranstaltet wird…

Ist es wirklich selbstverständlich, dass Pferde überhaupt Dressur geritten werden müssen? Wird eine Reitweise selbstverständlich zur einzig „richtigen“, nur weil sie von einer breiten Masse praktiziert wird? Ist es selbstverständlich, ein Pferd mit steifen, geraden Oberkörper, ständiger Anlehnung und permanenten Schenkeldruck zu reiten? Selbstverständlich, „Hilfsmittel“ wie Schlaufzügel, Ausbinder oder eine Gerte zum Strafen zu benutzen? Selbstverständlich, dass Pferde mit 4 Jahren schon regelmässig Turniere gehen, mit 5 Jahren schon regelmässig L-Springen oder L- Dressur oder mit 3 Jahren Westernturniere obwohl sie sich körperlich noch im Wachstum befinden? Von ihrer Psyche ganz zu schweigen?

Totilas ist prominent aber tausende andere Pferde sind es nicht und leiden genauso unsäglich an der mangelnden Wahrnehmung und/oder mangelnder Empathie ihrer Menschen- den Ehrgeiz, des Gefallenwollens und der Profilierungssucht ihrer Reiter, ganz zu schweigen von den Profiten, die nur eine skrupellose Vermarktung der Pferde bringt.

Die Hyperventilieren, wenn sie nur den Motor hören, wenn der ehemalige Besitzer vorm Hof parkt; die am ganzen Körper zittern, wenn jemand mit einer weißen Reithose kommt; die anfangen zu beissen ,wenn man nur die Hand in die Nähe ihres Rückens bewegt. Ist all das selbstverständlich??

Abends ging ich dann zum Grillen und zu allem Überfluss berichtete eine Oma stolz, dass ihre Enkelin, ( 12) am Wochenende auf einem Turnier war. Zufällig kannte ich den Hof und bedauerte einen Tag vorher beim Vorüberfahren zum x ten Male das Aussehen der Schulpferde. Die Rippen standen heraus und bei den Rücken der meisten sah man die Wirbelsäulen weit hervorstehen. Zwei der Pferde waren auf den ersten Blick bereits echte Jammergestalten. Die Oma verstand nichts, als ich meinte, die Pferde dort sähen aber schlecht aus und man sollte doch einmal darüber nachdenken, was das Kind dort lernen würde, wenn es solche verhungerten Pferde reitet? Sie meinte nur, aber die Pferde sind doch auf dem Turnier mitgegangen. Sollte das logisch sein? Wohl eher, dass es selbstverständlich ist, dass die Reitmöglichkeit für das Kind wichtiger ist als der Zustand des „genutzten“ Pferdes.

Wer einmal ein kleines Fohlen aufwachsen sieht, sein Vertrauen erlebt hat, die Spielfreude, seine Neugier auf alles, was die Umgebung zu bieten hat, der mache sich einmal Gedanken, was es für so ein junges Pferd bedeutet, wenn es mit spätestens vier in den Beritt oder in die Ausbildung kommt – es muss selbstverständlich ausgebunden an der Longe gehen, Lektionen, egal in welcher Form absolvieren oder selbstverständlich mit der Gerte eins drüber bekommen, wenn es nicht „spurt“- Oder es wird mit Join up traktiert, den 7 „Spielen“ , muss freispringen, obwohl es Angst hat – dass es immer zu funktionieren hat ist doch selbstverständlich. Es ist doch dazu da, damit wir es benutzen können. Das Bestrafen lernen schon die Reitschüler, die Gerte gehört mit zur Ausrüstung. O-Ton eines renommierten Springausbilders, nachdem er seinen Schüler aufgefordert hatte doch die Gerte zu „gebrauchen“:“….manchmal tut der Zauberstock Wunder- ” weil das sehr junge Pferd nicht höher springen wollte… „ Es war für beide selbstverständlich , dass ich den Gebrauch des „Zauberstocks“ als Unbeteiligte am Rande ja sehen würde- Wenn das Pferd nicht springen will, dann muss man das doch tun-macht ja jeder- selbstverständlich. Darauf zu kommen, dass es Menschen in der Pferdewelt gibt, die so ein Vorgehen nicht selbstverständlich finden, darauf kamen sie wohl nicht.

Man kann einen anderen Weg wählen, hinschauen, mitfühlen, sich Respekt verdienen auf andere Art. Man kann einem Pferd auch anders vermitteln, dass man ein Recht auf Unversehrtheit hat. Man kann eine gegenseitige Kommunikation zulassen, eine Freundschaft aufbauen. Man muss es nur wollen. Sollte es nicht selbstverständlich sein, ein Lebewesen nicht mutwillig leiden zu lassen??

Wer in die Augen seines Pferdes blickt, der blickt in einen Spiegel – und wir finden unser eigenes Tun darin wieder. Können wir mit der Erkenntnis dann nicht auch selbstverständlich das eigene Handeln hinterfragen und es als Chance sehen, uns weiter zu entwickeln?

In diesem Sinne Sabine

Text Juli 2015

Was wir erwarten-Wunsch und Wirklichkeit

Obwohl auf Grund der aktuellen Kurse kaum Zeit zur Verfügung steht, verfolge ich doch die Beiträge in unserer Mit Pferden sein-Gruppe aufmerksam und mir fällt immer wieder auf, wie schwierig es anfangs doch für viele ist , die Mit Pferden sein – Philosophie nicht nur zu verstehen, sondern auch zu verinnerlichen. Deshalb muss und möchte ich darauf immer wieder eingehen, dass es ein ganz eigener Prozess ist, eine persönliche Entwicklung durch und mit seinem Pferd und eben nichts mit gängigen Methoden gemein hat.
Der Mensch steckt oft in einer Erwartungshaltung und versucht einen Deal zu machen, um sein Schicksal günstig zu beeinflussen. Es ist egal in welchem Bereich- mit dem lieben Gott, anderen Menschen oder aber auch mit seinem Pferd. Der Deal sieht dann folgendermassen aus: Wenn ich schön bete, faste, spende, immer nach den Geboten lebe, egal ob Koran , Bibel, Talmud oder dem TAO , dann geht es mir gut ob vor oder nach dem Tod… wenn ich immer Gutes für Dich mache, dann musst Du mich dafür lieben, oder.. wenn ich Dich gut behandele und lieb zu Dir bin, dann bist Du dankbar und zeigst mir das auch….Doch so läuft es im Leben nicht, weder der Deal mit dem lieben Gott.. wenn ich mich „ gut“ verhalte, werde ich reich, alt, würdig und geehrt- oder in anderen Bereichen, z.B. wenn ich mich immer gesund ernähre und Sport treibe, werde ich nicht krank oder wenn ich den Menschen, den ich liebe, das mit Taten und Worten zeige, dann wird er mich doch auch lieben – oder wenn ich mein Pferd gut behandele, dann wird es dies und das für mich tun und mich gern mögen …
Doch der Fromme wird dement und landet unter unwürdigen Umständen im Altersheim, der Ernährungsexperte bekommt Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Anfang 50, der Sportler fällt mit einen Herzinfarkt um, der Mensch, den man liebt, heiratet jemand Anderem und das Pferd, ja das Pferd – das ist auch nicht unbedingt dankbar oder zugetan und macht Dies oder Das nicht, obwohl ich nur das Beste für es will und gut zu ihm bin.

Das “Sein” am Ende unserer Philosophie bedeutet, eben nichts zu erwarten, sich im Augenblick zu befinden, den Moment zu erleben, bestenfalls einer Idee zu folgen aber ohne festen Plan, wie etwas stattzufinden hat. Ob man Festhalten muss oder Loslassen , ob man frei ist oder sich in einem Rahmen befindet, ob Zuschauer da sind oder man allein ist, der Moment ist entscheidend, das Verschmelzen mit dem, was gerade ist. Nur dann kann es wirklich fliessen – Eins ergibt sich aus dem Anderen. Hat man das einmal verinnerlicht, so wird man in vielen Bereichen freier, flexibler aber auch sicherer. Denn diese Momente zu erfahren ist wie ein Offenbarung, und wir können uns auf immer mehr auf etwas einlassen, ohne eben an ein Ergebnis zu denken, ohne etwas zu „erwarten“ und uns damit zu blockieren. Wir sind im Tun angekommen- um es genau zu sagen-dem Tun im Nichttun-wie es in einem chinesischen Weisheitsbuch für uns Westler so geheimnisvoll steht.
Was das Pferd betrifft sollte man annehmen, was es augenblicklich zeigt und nicht blind sein vor lauter Wunschdenken sein. Ein Pferd lebt nämlich mental viel mehr als wir im Augenblick und reagiert auf das, was gerade geschieht , und das ist auch der Grund, warum ein Pferd uns so gut spiegeln kann. Ein Mensch denkt schon vorher an die Konsequenzen, die folgen, wenn er spontan und aufrichtig reagieren würde. Einige Pferde tun das später nach langer Zeit mit den Kontakt zum Menschen auch, aber es wird nicht verstehen, warum etwas passiert; es versteht nicht, warum es beim Horsemenship Trainer immer vor-seit- und zurück gehen muss ohne Sinn , oder über hohe Sprünge gehen muss, wo es doch vorbei laufen könnte oder piaffieren, wenn es doch keinen Grund gibt, jemand zu imponieren. Es weiss nur, wenn ich das nicht mache, wird es „unangenehm“.
Ein Pferd reagiert positiv auf sinnvolle Dinge, so wird es verstehen, dass ich nicht über den Haufen gerannt werden will. Es wird verstehen, dass ich den Weg weiss, wenn ich es ich ihm vermitteln kann, es wird mir glauben, wenn es die Erfahrung gemacht hat, dass alles einen Sinn hat, auch unangenehme Sachen wie eine Tierarztbehandlung, der Schmied oder aber das Gehen von A nach B an der saften Weide vorbei mit mir zusammen. Dieses Vertrauen aber muss ich mir verdienen und dazu muss ich erkennen, welche Pferdepersönlichkeit ich vor mir habe. Nur dann kann ich wahrnehmen, was das Pferd mir in seiner Sprache wirklich mitteilt, ob es eine Grenze braucht, um mich achten und mir glauben zu können oder mehr Kreativität und mehr Freiheit, um sich zu entfalten. Ich muss wissen, dass jedes Pferd einzigartig ist wie wir auch und merken, wer dort vor mir steht. Denn es ist keine Maschine und es wird nicht funktionieren, nur weil wir es mit diesen oder jenen „Sprit“ befüllen, wie Liebe, Verständnis oder Umsorgen. Es wird sich positiv entwickeln, eine Bindung zu uns aufbauen aber es verhält und entwickelt sich in seinen Grenzen. Es ist eine große Aufgabe , es genauso anzunehmen, und es eben nicht in eine Schablone zu stecken , wo es Erwartungen erfüllen soll , die es vom Wesen her gar nicht erfüllen kann. Ein Anderes hält sich auch nicht unbedingt an den Deal, es „heiratet“ uns nicht, findet den ruhigen, klaren Mann, die kreative Tochter oder den mutigen Sohn attraktiver als uns. Ein Anderes fügt sich bestenfalls in sein Schicksal, denn es hat ja keine echte Wahl.
Auf diese Gedanken entdeckte ich einen wunderbaren Text von einer Kursteilnehmerin als Antwort auf einen Post in der Gruppe. Ein Text, der mich zutiefst berührt hat aber auch mit Freude erfüllt. Bitte lest ihn – das ist „ Mit Pferden sein:

“bei mir sind und waren es andere gründe dass das reiten gefährlich war. ich war so auf das reiten fixiert, ich MUSS doch mal mit ihm raus, ich kann doch nicht immer nicht reiten, das MUSS doch mal besser werden. bis ich begriffen habe, nein, mein pferd ist wie es ist, er soll so bleiben dürfen wie er ist und ich sollte lernen ihn so anzunehmen wie er ist, ihn nicht verändern wollen. ob ich reite oder nicht, das ist völlig egal und unwesentlich. ich hab damals so geweint und es ihm auch so gesagt, bleib wie du bist, ich komm damit zurecht. damit hab ich soviel an erwartungen und druck losgelassen, diese schwere last war weg. wir waren zusammen ohne erwartungen vom anderen, beide, das hab ich damals deutlich gespürt. ich hab nichts gemacht mit ihm, weil ich damals bei jeder action gemerkt hab ich fall wieder in diese erwartungshaltung zurück. wir haben uns neu rangetastet, beide, neu das vertrauen in den anderen gelernt. in den letzten 2 jahren hab ich nicht begriffen was mit pferden sein ist, das ich es in worte fassen kann, sondern ich hab es mehr und mehr gespürt.. loslassen, demut und ins sein kommen………waren nur worte, jetzt weiss ich wie es sich anfühlt. und da kommen diese fragen die du stellst nicht mehr auf. ich bin sooo stolz auf mein pferd, das er so ist wie er ist . und das was mir vorher so wichtig war ist jetzt nebensächlich für mich und geht jetzt. ich freu mich sehr drüber, aber ich erwarte es nicht und hab auch kein ziel mehr. du bist doch schon auf dem richtigen weg…….”(von Alex)

In diesem Sinne Sabine

Text März 2015

Was hat das Leben einer Frau mit Pferden zu tun?
Mit Pferden sein –oder was hat das Leben einer Frau mit Pferden zu tun? Wie die meisten wissen schreibe ich keinen Text mit Vorsatz. Ich setze mich nicht hin und überlege, was will ich denn nun schreiben? Nein, es sind die täglichen Eindrücke und das was berührend ist im guten wie im negativen Sinn. Es sind Bilder und Geschichten, welche mich noch lange bewegen. In einem ruhigen Augenblick bei meinen Pferden oder bei einer Fahrt im Auto formen sich die Bilder und die Gefühle dazu und aus dieser Vereinigung werden Texte. So ist dieser Prozess doch vergleichbar mit der Philosophie oder besser noch Herangehensweise von Mit Pferden sein… denn es wird ja erlebt und gelebt.
So gab es in letzter Zeit immer wieder Berichte von den Gräueltaten der ISIS, die laut Nachrichten dreißig ihrer eigenen Leute hat hinrichten lassen. Weit weniger dramatisch hatten wir zur selben Zeit über 300 Anfragen für unsere ” Mit Pferden sein- Gruppe – die meisten davon eher aus Neugier oder sportlichem Ehrgeiz denn als seriöses Interesse. Gleichzeitig waren einige unserer Admins der Gruppe ausser Gefecht. Aus den verschiedensten Gründen wie Hochzeitsreise, Umzug, Prüfungen oder schlicht und greifend aus Zeitgründen, denn die meisten haben ja noch einen Beruf. Nun sichtete ich also die Profile der Anfrager mehr oder weniger allein, denn wir nehmen nach sehr negativen Erfahrungen nicht mehr jeden in unsere Gruppe auf. Nach den ersten 30 Chroniken konnte ich nicht mehr. Einige der Anfragerinnen hatten Pferdebilder gepostet, die absolut gruselig anzuschauen waren. Bei unserer Herangehensweise lernen wir ja vor allen auch, den emotionalen Zustand des Pferdes an Mimik, Körperhaltung, Blick, Augenausdruck zu erkennen und dementsprechend im Sinne des Pferdes zu handeln. Eine dunkelbraune Stute mit unglaublich schönen aber sehr traurigen Augen berührte mich besonders, auf einigen Bilder gestriegelt und geschniegelt im Turnieroutfit und verspannt trabend auf dem Dressurplatz. Ich fragte mich, wie es sein kann, dass Leute, in diesem Falle ein Mädchen, sich solche Mühe geben, ihr Pferd so „schön“ zurecht zu machen aber gleichzeitig nicht wahrnehmen, dass es todunglücklich ist. Dieser Gedanke brachte mich wieder zu ISIS und ich erinnerte mich an einen Artikel wo zwei österreichische Mädchen von zu Haus wegliefen, um sich den Radikalen dort anzuschliessen. Recherchen hatten später ergeben, dass sie sofort mit Kämpfern verheiratet wurden und eine wohl schon schwanger war. Die Mädchen waren ca. 15 Jahre alt, normale Teenager, die sich wohl in einer altersgemäss ganz normalen rebellischen Phase befanden, doch statt mit Punks, Gothics oder Hippies mit radikalen Islamisten sympathisierten. Die Zeitung zeigte dann spätere Bilder von den Mädchen, verhüllt und mit Kopftuch. Das Schlimmste aber, das waren ihre Augen, denn sie schauten genauso wie die der traurigen Pferde. Und genau wie diese Pferde hatten sie ihre ganze Ausstrahlung, jugendliche Unbekümmertheit und Frische verloren – ihr Blick wirkte niedergeschlagen und resigniert. Was macht die Pferde und diese Mädchen so gleich in ihrem Blick, der ihre Gefühle so gut ausdrückt? Es ist das Los der Gefangenen, der Unterdrückten, das Los , nicht mehr wählen zu können, das Los, jemanden willkürlich ausgeliefert zu sein. Frauen leben in unserer Kultur schon privilegiert, wir können wählen und uns entscheiden. Doch dem ist noch nicht lange so , in den meisten Kulturen werden Frauen noch so behandelt wie ein persönlicher Besitz der Familie oder des Mannes, sie haben keine Wahl, werden zwangsverheiratet , womöglich in der Ehe vergewaltigt und müssen sich so verhalten wie es ihr Ehemann oder die Familie will und ihr gestattet. Gerade aber viel der Reiterinnen behandeln ihr Pferd genauso, wie Eigentum, dass man vllt. auch wertschätzt aber das kein Eigenleben führen darf, sondern es muss, wie diese Mädchen oben funktionieren und Bedürfnisse befriedigen. Sein Körper wird benutzt und es hat keine Wahl- es wird wie diese „zwangsverheiratet“ oder eine „Ehe“ wird arrangiert und wenn “sie” ihre „Stimme“ erheben, dann sind sie ungehorsam, verdienen Strafe und taugen nichts. Freiheit ist, sich für etwas entscheiden zu dürfen, jemand sein zu dürfen. Mit Pferden sein… gibt dem Pferd die Möglichkeit, sich zu äussern, sich mitzuteilen. Auch wenn es „zwangsverheiratet“ ist, denn den Besitzer konnte es sich ja nicht aussuchen, dann kann trotzdem eine Freundschaft oder Liebe entstehen – nämlich dann, wenn es sich geachtet fühlt, wahrgenommen und auch dass es, wo es möglich ist ,eine Wahl hat, dass man eben nicht seinen Körper ohne Rücksicht benutzt sondern sein Einverständnis hat, es reiten zu dürfen. Das man es nicht anfasst, wenn es das nicht möchte und auf der Nase rumtätschelt , obwohl es den Kopf schon abwendet und die Nüstern angewidert hochzieht. Dass man nicht seinen Willen und Wünsche um jeden Preis durchsetzt sondern hinschaut, ob das Geforderte überhaupt sinnvoll ist. So schauen Pferde glücklich aus, wenn sie sich verstanden fühlen, wenn sie merken, der Andere nimmt sie wahr und sie akzeptieren wie wir gern Grenzen, wenn sie jemand achten und vertrauen. Natürlich betrifft das Thema nicht nur Pferde, Mädchen oder Frauen, sondern ebenso alle Menschen, die zum „Material“ oder “Ware” degradiert werden, egal ob im Arbeitsbereich, in einer Diktatur oder als Flüchtling. Die 30 Hingerichteten sollten kämpfen und wollten nicht, sie hatten Angst aber auch sie hatten keine Wahl. Wir aber haben eine Wahl und wir können uns den Luxus leisten, auch unserem Pferd eine Wahl anzubieten, damit es nicht so traurig schauen muss, wie diese Mädchen auf dem Foto… In diesem Sinne Sabine

Text Januar 2015

Ihr Lieben , die Tage habe ich immer einmal zwischendurch die Beiträge und Posts in unseren Gruppen mitgelesen, und mich an vielem erfreut . Doch die beiden letzten Beiträge von Alina und heute der von Helga haben mich einmal wieder zu einem neuen Text inspiriert hat. In den letzten Tagen spürte ich eine Wut in mir und ja ich muss gestehen war auch ein bisschen verzweifelt, wenn Menschen, denen wir den Schlüssel zur Tür, hinter der sich ihr Pferd versteckt hatte, stehen bleiben, zurückfallen und ihn nicht einmal umdrehen. Ich dachte, versteht denn niemand, was Mit Pferden sein wirklich ist? Ist es nicht langsam sinnlos , es immer wieder zu erklären? Ist das Festhalten an Methoden und Dogmen so stark, dass die meisten davon nicht loskommen und dass gerade die nicht frei sind, die meinen, es doch zu sein?
Doch die Beiträge von Alexandra, Alina und Helga zeigen mir, doch, es wird verstanden, nämlich durch das pure Erleben durch den gemeinsamen Weg mit dem Pferd.

Mit Pferden sein.. ist nämlich nicht wie unsere Kursleiterin Birgit neulich in einem Beitrag so schön geschrieben hat, dass man Freiheit auf gebisslos, ohne Halfter spazieren gehen, ohne Sattel und auf Pads reiten reduziert, oder gar sein Pferd nur auf der Weide – in der Natur, stehen lässt, um ihm nichts „aufzuzwingen“.
Mit Pferden sein.. bedeutet persönliche Entwicklung durch und mit dem Pferd – durch das Zusammensein, das Verfeinern der Wahrnehmung, das Erkennen und ja natürlich auch das daraus erfolgende Handeln.
Alinas Beitrag über das Erlebnis mit ihrer Stute Blanka ist ein Beispiel für das Loslassen, aber auch für Aufs und Abs, die Beide zusammen die letzten beiden Jahre erlebt haben. Diese schwierige Stute war ein Durchgänger, hektisch, oft unkontrollierbar und schenkte nun ihrer Besitzerin einen Moment der Hingabe vllt. auch der Liebe. Das absolute Vertrauen in diesem Moment liess die Stute Alina auffordern, sich doch irgendwann beim Spazieren gehen im Gelände auf sie zu setzen. Alina verwirft ihre Bedenken und vertraut ebenso und bekommt einen unglaublichen Ritt geschenkt, es ist alles im Fluss, ein Zwiegespräch , eine Einheit- ich bekam Gänsehaut beim Lesen.
Und dann Helga, ihr so ehrlicher Beitrag, sie erlebt anfangs das Gegenteil von Alina, ihr Isländer wendet sich neuerdings ab, hat keine Lust auf sie, zeigt ihr die kalte Schulter und als draussen beim Führen eine schwierige Situation auftaucht, will er einfach nur weg. Es ist alles andere als harmonisch mit ihrem Pferd, es stimmt was in der Verbindung das weiss Helga und merkt es jetzt umso mehr. Die Situation ist kritisch, das Pferd will einfach nur weg und regt sich immer mehr auf. Helga muss einfach unversehrt dort mit ihm vorbeikommen und ihn am Weglaufen hindern. Sie reagiert körpersprachlich folgerichtig in dem sie rechtzeitig immer wieder in die gegenteilige Richtung geht. Aber sie hat auch keine Zeit, sich gross Gedanken zu machen, sie reagiert einfach, ist im Hier und Jetzt , kein Grübeln, was kann ich falsch machen. Kein Wunsch nach Glück oder Harmonie oder dass ihr Pferd sie gern hat, es ist einfach nur „da sein“. Und auf einmal bekommt sie das Geschenk – ihr Pferd schaut sie an,wirklich und ja – hat sie ihn doch souverän geführt, war wach, da und präsent und das hat ihn überzeugt . Auf einmal nimmt er sie als “Jemand” wahr, beruhigt sich deutlich. Auch später zu Haus fand er sie viel interessanter, vllt. könnte man als ( be) achtenswerter beschreiben? Wach sein, Da sein-das war der Schlüssel zu ihm, das brauchte er in diesem Moment. Kann man das trainieren ? Kann man Leben trainieren? Wohl eher nein. Was wir aber können: Lernen, die kleinen Signale ,die ein Pferd aussendet und wir selbst aussenden, besser wahrzunehmen, klarer zu kommunizieren, fitter, wacher und glaubwürdiger zu werden- nicht durch künstliches Gehabe wie dem „Grossmachen „ sondern in dem wir innerlich selbst ein wenig klarer, ein wenig mutiger und ein wenig liebevoller und damit ein wenig grösser und achtenswerter werden,
Und das ist Mit Pferden sein…-
Der Moment kann noch so schrecklich sein , wenn etwas Gutes dabei heraus kommt, dann war es das Richtige für Beide.
Wie oft sehe ich Bilder, wo Menschen ganz innig mit ihrem Pferden sind – oder besser so tun? Der Blick des Pferdes aber schaut uninteressiert, abwesend oder auch todtraurig aus. Wird diese sogenannte Harmonie nur einseitig empfunden und das Pferd ist lediglich das Objekt dafür? Oder eine “harmonische” Dressur, dass Pferd schön brav seine viel versprechenden Gänge zeigend- am Zügel hinter der Senkrechten. Das Pferd , ich sah es in der Verbandszeitung (es war erst vier )– zeigte einen gestressten ,traurigen Gesichtsausdruck. Wäre nicht ein Ritt übers Stoppelfeld für ein spritziges Pferd nicht viel erfüllender, selbst mit Gebiss?
Das soll nicht heissen, dass Pferde keinen innigen Kontakt mit uns erleben wollen , aber durch die Wahrnehmung merken wir, ist es beidseitig oder projiziere ich etwas hinein, was nicht ist? Muss ich mir nicht erst einmal die Freundschaft und das Geachtet werden verdienen ? Und das geht ganz bestimmt nicht, in dem ich mich dem Pferd ständig aufdränge oder Lektionen trainiere oder immer nur ganz nett bin.
Mit Pferden sein.. ist nicht die Suche nach der perfekten Harmonie. Mit Pferden sein… ist das Erleben, Probieren , Zweifeln, Erfahren, Hingeben und auch Lernen – es können harmonische und innige Momente entstehen dabei aber genauso gut das Setzen von Grenzen, das Überwinden , das Loslassen aus Verzweiflung oder Liebe, das “Da sein”- Und so ist es für den einen ein echtes Geschenk , wenn sein traumatisiertes Pferd sich traut, die ersten zögerlichen Schritt auf ihn zuzumachen und für den anderen ist es der freie Ritt durch den Morgennebel mit freilaufendem Handpferd für den dritten , dass sein Pferd sich ohne Abscheu endlich mal anfassen und streicheln lässt.
Mit Pferden sein….ist: eben alles

In diesem Sinne

Sabine

Text aus 2014

Ihr Lieben, im neuen Jahr wird mal wieder ein Text zu „Mit Pferden sein…“fällig, – Inspiriert haben mich gerade 2 ( erwachsene) Schülerinnen, die außer der Reihe einige Tage zu uns gekommen sind, weil sie Probleme mit ihren Pferden hatten.
Mit Pferden sein – ich sage es immer wieder – ist keine Methode, sondern als Grundlage dient das Erlernen und Verstehen einer auf körpersprachlichen Signalen beruhenden, gegenseitigen Kommunikation. In der gegenseitigen Kommunikation sagt ein Gesprächspartner etwas und der andere sollte idealerweise darauf eingehen und antworten. Je nachdem, wie das Gespräch verläuft, kommt man sich näher oder entfernt sich innerlich voneinander.
Ein Gespräch kann man nicht planen, eine Beziehung ebenfalls nicht und wenn man stereotyp immer dasselbe sagt oder macht, ohne die Antwort des anderen dabei wahrzunehmen, dann hört das Gegenüber nicht mehr zu. Dann redet man im besten Falle aneinander vorbei oder der Andere steigt emotional aus und tut nur so, als wenn er zuhört und nickt oder sagt „jaja“, ohne wirklich etwas zu verstehen und um seine Ruhe zu haben.
Auf unser Pferd übertragen bedeutet das, dass Probleme entstehen, weil wir immer wieder dasselbe gesagt haben, obwohl das Pferd ganz anders geantwortet hat- mit dem Schweif geschlagen , die Nüstern gerümpft, abgespult, gehetzt, verweigert oder sich abgewendet hat.
Im hier beschriebenen Fall springt das Pferd sofort auf den Zirkel, noch bevor die Besitzerin ein Signal gibt, läuft Runde um Runde und kommt schlecht oder gar nicht zu ihr rein. Es verkleinert nicht, sieht besorgt aus und presst das Maul zusammen.
Die Antwort der Besitzerin: sie begleitet es auf dem Zirkel, ist ruhig und bittet es zu sich, wenn es auch ruhiger wird – an sich nicht falsch- aber nach fast einem Jahr hat sich immer noch nichts geändert. Sie ist immer nett zu ihm, hat es nie bestraft aber es lässt sich immer noch schlecht padden und nach dem Aufsitzen buckelt es. Das Pferd will zu ihr kommen, aber zögert unendlich lange und spult immer wieder und wieder sein Programm ab.

Was sagt dieses Pferd mit seinem Verhalten und den Signalen, die es aussendet? Pressmaul, Schweifschlagen, abspulen, wegspringen, tiefe Kuhlen über den Augen? Ich übersetze, es sagt: „ Ich traue keinem Menschen- die haben mich schlimm bestraft, wenn ich nicht richtig auf ihre Befehle reagiert habe- ich habe Angst vor der Halle und allem was darin gemacht wird. Ich würde gern zu dieser netten Frau, aber ich kann einfach nicht.“
Wie kann man nun „antworten?“ Zunächst muss man diesem Pferd mitteilen, dass es nicht mehr abspulen muss, dass es nicht funktionieren muss, indem man es nach dem Wegspringen sanft mit der Körpermitte durch die bremsende Position (vor dem Widerrist den Weg abschneidet)( siehe Buch). Das Pferd will durchbrechen, bekommt Stress, weil es sein Verhaltensmuster ( Strategie) zur Stressvermeidung nicht anwenden kann – die Besitzerin hält es auf der Hälfte des Platzes /Halle. Das Pferd kommt zur Ruhe und schaut sie an- es denkt nach, schaut fragend. Sie bleibt der ruhige Pol, bietet ihm mit dem Zeigen des Handrückens das Kommen an – es kann, aber muss nicht kommen, dass signalisiert sie ihm mit ihrem entspannten Körperausdruck und indem sie die Hand wieder runternimmt, als es nicht kommt. Es vergeht eine ganze Weile. Es denkt lange nach und kaut irgendwann, weil es die Information verdaut – man spürt, dass es eigentlich sehr gern zu ihr hin möchte, es ist ihr zugewandt und schaut sie an, aber es sagt auch: Ich traue mich nicht ..“ Deshalb geht die Besitzerin nach einer Weile zu ihm hin – steht ruhig neben ihm und sagt durch ihre entspannte Körpersprache:“ Ich möchte nur in Deiner Nähe sein – ich bin Dir freundlich gesonnen! Aber ich will nichts…Du kannst mir vertrauen“
Sie gibt ihm ein Leckerli, aber auf eine kleine Bewegung ihrer Hand springt das Pferd erneut weg und versucht auf dem Zirkel abzuspulen. Wieder sagt sie ihm:“ Nein, das musst Du nicht – Du kannst hier gern einfach nur stehen, und wenn Du willst auch zu mir kommen!?” Es überlegt -springt ein paar Male noch weg – auf einmal überwindet es sich und geht zu ihr, trauert neben ihr ( zu erkennen am Körper- und Gesichtsausdruck)und gähnt. Sie steht da, als ruhiger Pol, ohne etwas zu wollen, geht nach einiger Zeit weg, holt das Halfter und bringt es in den Stall zurück.
Was hat das Pferd erfahren, was hat die Besitzerin mit ihrem Verhalten mitgeteilt??
“ Du musst nichts machen, ich würde mich freuen, wenn Du zu mir kommen würdest – ich bin nett, sicher, ich schenke Dir was aber ich lasse Dich in Ruhe, wenn Du das lieber willst – ich bleibe lediglich auf meinem Platz, denn der gehört mir“.
Sie schickt es mit einem kleinen Signal in einer anderen Sequenz später auch auf den Zirkel aber begleitet es nur, wenn es ruhig und stressfrei raus geht. Zeigt es Stressverhalten, so unterbricht sie wieder das Muster- Nach 4 Tagen fängt das Pferd an zuzuhören, mitzumachen und zu verkleinern, kommt rein, vertraut. Es ist ein ganz zarter noch anfälliger Beginn, aber sein Gesichtsausdruck verändert sich;seine Augen wirken grösser. Es verbindet mit der „Arbeit“ nun Anerkennung, eine verständnisvolle, aber klare Kommunikation, einen angenehmen Sozialkontakt und Abwechslung vom langweiligen Weidealltag. Jeden Tag wurde sein Muster durchbrochen, jeden Tag hat die Person anders und sinnvoll reagiert, ihm zugehört, auf seine Ängste geantwortet, und zwar so, dass es sich vertrauensvoll entspannen konnte.

Letztendlich ist es die Freiheit, zu entscheiden, was ich dem Lebewesen sage, wie ich es sage und ob ich es sage- die Freiheit, sinnvoll zu reagieren, Fehler zu erkennen, flexibel zu sein- die Freiheit, jedes Wort neu zu wählen. Es ist das Gegenteil von einer Methode, denn dort erfolgt alles nach Anleitung – wenn ich das „sage“ oder „mache“ dann „erfolgt“ dies als Ergebnis. So funktioniert aber keine echte Beziehung oder gar Liebe oder das Leben.
Nur wer wahrnimmt, kann kommunizieren, auf das andere Wesen eingehen und spüren, was gerade sinnvoll ist. Muss ich eine Grenze setzen oder eine Annäherung zulassen? Braucht das Pferd Ruhe oder Aktion? Möchte es Nähe oder braucht es Distanz? Und so ist jede Begegnung eine einmalige.
Versucht nicht, aus “Mit Pferden sein…” eine Methode zu machen. Geniesst die Freiheit, zu entscheiden und sucht nicht immer ein Rezept. Versucht einmal zu beobachten, ohne gleich immer ein Ziel anzuvisieren und dann daraufhin zu arbeiten. Akzeptiert, dass es nicht für alles immer gleich eine Lösung gibt oder gar ein Schema.

Mit Pferden sein.. gibt uns die größtmögliche Freiheit, auch und gerade bei der Kommunikation, es ist ein reger Austausch mit dem Pferd möglich und jedes „Gespräch“ verläuft anders und auch das Zusammensein ist immer anders, spontan und nicht nach Plan XY.

In diesem Sinne – ein erfülltes Neues Jahr wünscht Euch Sabine

FB Text aus 2013

Ihr Lieben,

wie ihr wisst , lasse ich mich immer wieder von den Beiträgen inspirieren, denke darüber nach aber orte in erster Linie auch mein Bauchgefühl bei so Manchem, was veröffentlicht wird. Ich freue mich täglich über unsere Gruppe, über die Beiträge, clips, Fotos und auch die kreativen Arbeiten, die vorgestellt werden.
Manchmal sehe ich aber bei den Beiträgen immer wieder, dass die Philosophie und praktische „Arbeit“ von „Mit Pferden sein..“ gerade von den Neuen und Anfängern hier gar nicht so leicht verstanden wird. Jeder denkt am Anfang, dass er es kapiert hat aber so einfach ist es eben nicht.
Ich habe ungefähr 4 intensive Jahre gebraucht, um anzufangen, es wirklich zu verstehen und noch einmal etliche Jahre, um es zu verinnerlichen und zu leben und darum geht es auch hier im Text.

So werden oft Tipps gegeben, die immer noch im alten Muster des Funktionierens des Pferdes abzielen, der eigentliche Prozess der ablaufen muss wird aber nicht erkannt.
So ist es bei uns erwünscht, dass ein Pferd zeigt, womit es Probleme hat, gerade ehemalige Schulpferde haben meistens ein ganzes Repertoire an kleinen Verweigerungen und emotionalen Reaktionen, wo es ohne gleich bestraft zu werden, zeigen konnte, wie es etwas empfindet. So wird ein Pferd, dass auf dem Platz nur öde und auch schmerzvolle oder stressige Arbeit erlebt hat, mitteilen, dass es dort nicht gern hin will, indem es z.B. besonders zäh auf den Platz geht, latscht, sich nicht gern halftern lässt, die Ohren anlegt, wenn jemand in die Box will, beim Putzen Unwilligkeit zeigt usw.
Es gibt aber durchaus Pferde, die einfach lieber raus ins Gelände gehen und das auch zeigen, die aber weder ein Platztrauma haben, noch sonst irgend etwas- die zeigen dann allerdings auch keine Traurigkeit. Der dritte Fall kann ein Pferd sein, dass keine wirklich gute Beziehung zum Besitzer oder Pflegerin hat und einfach nur sagt: Mit Dir will ich dort nicht sein, wozu? Aus welchem Grunde auch immer. Dann sollte reflektiert werden, was man tun könnte, um eben eine bessere Beziehung aufzubauen.
Ich möchte jetzt aber auf den Fall des Schulpferdes eingehen und auf das Thema Vertrauen.
Stellt Euch vor, ihr lernt jemanden kennen, findet den interessant, seid neugierig und einer freundschaftlichen Beziehung nicht abgeneigt.
Dann werdet ihr statt dessen in ein Lager gesteckt, jeden Tag müsst ihr Arbeiten verrichten , die ihr nicht mögt und werdet auch noch bestraft, wenn ihr meckert und womöglich im schlimmsten Falle geschlagen oder misshandelt. Eurer Körper wird von verschiedenen Leuten benutzt, ihr habt keine Rechte mehr, ihr sollt gefälligst machen, was man Euch sagt, egal wie sinnentleert oder unangenehm es ist oder ob ihr Angst habt. Oft gibt es noch nicht einmal genug zu essen. Niemand versteht Euch wirklich und selbst die netten Leute benutzen Euch irgendwie. Anfangs habt ihr vllt. noch die Hoffnung, dass ihr einen von den Netten wichtig seid, der Euch versteht und irgendwie etwas ändert. Nach einigen Jahren aber habt ihr aufgegeben, ihr macht Eure Arbeit und lebt nur in kurzen Momenten, wo ihr ein kleines bisschen Freiheit erfahrt noch einmal auf… !
Das ist nicht die Beschreibung von Zwangsprostitution sondern die reale Situation eines Schulpferdes.

Nun kommt tatsächlich jemand und rettet oder kauft dieses Pferd oder nimmt es zu sich auf . Einige Pferde sind auch dankbar , aber oft wird erwartet: Weil ich so ein guter Mensch bin, muss es sich doch ändern mir zuliebe , muss mich lieben, weil ich es doch auch liebe!!!
Das sehe ich ganz oft in den Kursen und ich nenne es: das Besetzen. Das Besetzen mit Vorstellungen, die ich selbst habe und wieder fühle ich nicht, was es
wirklich empfindet sondern überfrachte es mit meinen Erwartungen, die es nicht erfüllen will und kann.

Der erste Schritt ist aber , dem Pferd zuzugestehen, dass es eben seine schlechten Erfahrungen gemacht und verinnerlicht hat, dass es in der neuen Situation sich erst einmal damit auseinandersetzen muss, dass es zu Recht misstrauisch ist und sich nicht traut, seine Strategien, die es ja auch geschützt haben ,aufzugeben- für m i c h aufzugeben, in dem es sich z.B. ungern halftern, putzen oder arbeiten lassen will.

Wie gewinne ich das Vertrauen eines Menschen? Eines Pferdes ? Indem ich ihm immer wieder und wieder zeige, dass sich etwas geändert hat, dass ich vertrauenswürdig bin, dass ich fühle, wie es ihm ergangen ist, dass ich vor allem seine wahre Persönlichkeit wahrnehme und erkenne und dass ich auch jemand bin, mit dem man Freude und Spaß erleben kann. Um einem Pferd das zu vermitteln, erlernen und erfahren wir seine Form der Kommunikation- nur deshalb macht ihr Kurse und/oder lest die beiden Bücher!
Also erwartet nicht gleich, dass Euch der ehemalige „Sklave“, die ehemalige „Nutte“ heiraten will, denn erst einmal müssen doch die alten Muster durchbrochen werden. Das Pferd wird Schritt für Schritt wieder anfangen, zu vertrauen.
Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie Pferde sich wieder auf einen Menschen einlassen können, ohne Wenn und Aber, wenn sie wirklich therapiert worden sind – Es wirkt, wie wenn die negativen Verknüpfungen völlig gelöscht worden sind.
Bis dahin ist es aber ein weiter Weg, und viel Arbeit an sich selbst. Vor allem sollte niemand den Hochmut haben und glauben, weil ich selbst so toll, hilfreich und gut bin, muss das Pferd das doch merken! Nein, die Taten sind es, die ein Pferd überzeugen, die innere Einstellung und das Loslassen von Erwartungen.
Auch hier gilt wieder „ das Sein“ und nicht das Wollen.

In diesem Sinne Sabine